In einem Seitental des Saaletales liegt zwischen Bergen eingeengt, früher ganz von Weinbergen umgeben, der stille Marktflecken Sulzthal. Der Ort dürfte frühestens in der zweiten Hälfte des 9., wahrscheinlich aber erst im 10. Jahrhundert entstanden sein. Urkundlich wird Sulzthal erstmals in der sog. Kaiserurkunde von 953 erwähnt. Nach der Ortstradition bestand der Ort zu Anfang aus sieben Häusern. | ![]() |
Die älteste Anlage zum Schutze der Einwohner in Sulzthal ist ohne Zweifel die Kirchenburg. Die Ringmauer der Kirchenburg ist teilweise noch heute gut erhalten, die erhaltenen Teile weisen eine Höhe von vier Metern auf. Zwei Eingänge gewähren Einlaß. Diese Eingänge waren mit eisernen Toren versehen, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts abmontiert wurden. Die Mauer der Kirchenburg umschloß die Pfarrkirche, das Kirchhaus, den Friedhof und die Keller und Gaden hinter der Kirche. Die Anlage dürfte im 11. oder 12. Jahrhundert entstanden sein. An der Innenseite der Mauer befinden sich noch heute Kellergewölbe mit eingeschoßigen Aufbauten (Gaden), die früher bei Kriegsgefahr zur Unterbringung der wertvollen Habe und Lebensmittelreserven dienten und durch die Heiligkeit und Unverletzlichkeit des Ortes auch einen gewissen persönlichen Schutz boten, zumal auch ein tiefer Brunnen die Wasserversorgung gewährleistete.
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Im Jahre 1581 wurde mit dem Bau der Mauer durch den Schultheißen Hannes Warmuth begonnen. Ein Gedenkstein, der noch gut erhalten ist, an der Stelle, wo das Torhaus stand hat folgende Inschrift: |
Die Obhut der Torhäuser war Torleuten oder Torwächtern, auch Türmer genannt, anvertraut, welche die Rechen herunter zu lassen und die Tor zu schließen hatten. Die beiden Torhäuser standen noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts, dann mußten sie leider dem Fortschritt der Zeit, weil den Verkehr störend und zur Kriegsführung wertlos, weichen. Im Jahre 1853 wurde das schadhaft gewordene obere Torhaus zum Abbruch versteigert. Im Oktober des gleichen Jahres wurde auch das untere, ebenfalls etwas schadhaft gewordene Torhaus zum Abbruch mit dem anstoßenden kleinen Gemeindeplatz versteigert. Mit dem Abbruch wurde das Haus Hohe Straße Nr. 1 erbaut. Das Burgpförtchen wurde 1970 abgebrochen. Bei den Bauarbeiten für Wasser- und Kanalisation 1955/56 stieß man auf die Fundamente der beiden Torhäuser, die über zwei Meter tief waren. Die Ringmauer ist zur Zeit noch fast in ihrer ganzen Länge erhalten, doch ist ersichtlich, daß wesentliche Stücke bereits erneuert wurden.
Im 27. Februar 1472 erlaubte Kaiser Friedrich III. zu Wien dem Herrn und Grafen Otto von Henneberg, daß er aus dem Dorfe Sulzthal einen Markt mache, der drei Jahrmärkte haben solle mit den gewöhnlichen Freiheiten.
Die Markttage für Jahrmärkte wurde wie folgt festgelegt:
1. Sonntag vor Peter und Paul (29. Juni)
2. Am Tage Maria Geburt (8. September)
3. Sonntag nach Lichtmeß (2. Februar)
Am Tage nach den Jahrmärkten fand jeweils ein Viehmarkt statt. Die Märkte wurden bei der Linde vor dem Gemeindewirtshaus abgehalten.
Infolge der Großbrände hat Sulzthal nur wenige alte fränkische Fachwerkhäuser aufzuweisen. Das markanteste Haus ist das ehemalige Rathaus und Gemeindewirtshaus, das am unteren Torbogen die Jahreszahl 1551 trägt. In diesem Haus tagte das Dorfgericht. Der Wirtshausbetrieb wurde in dreijährigen Abständen verpachtet. 1799 wurde das Haus verkauft. Die Gemeinde hatte sich Benutzungsrechte von wesentlichen Teilen des Hauses vorbehalten, u.a. des Ratszimmers, der sog. Gerichtsstube, Teile des Schüttbodens zur Lagerung von Waldsamen und Getreide aus Gülten, Holzlege, einen Stall für Zugpferde von Marktbeschickern und unliebsamen Gästen (Zigeunern, Bärentreibern). Sie benutzte die Räume unwidersprochen bis 1956. 1976 trat die Gemeinde ihre Rechte an dem Haus ab. | ![]() |
Weiter alte Fachwerkhäuser im Ort sind:
- Wohnhaus, Hauptstraße Nr. 2,
- das ehemalige Pfarrhaus, Hauptstraße Nr. 4,
- das Wohnhaus, Hauptstraße 34,
- Wohnhaus Hohe Straße 9, erbaut 1631, Fachwerk unter Putz,
- Doppelwohnhaus Eichstraße 18/20, Fachwerk unter Putz
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Jahrhundertelang lebte die Einwohnerschaft von den Erträgen des Weinbaues, auch der Landwirtschaft, doch vorwiegend vom Weinbau. Handwerker, soviel man im Dorf brauchte, waren vorhanden: Maurer und Tünchner, Zimmerleute und Schreiner, 1 Leineweber, 1 Drechsler usw., einige Geschäftsleute: 5 Müller, 1 Wirt, 1 Kaufladen, Metzger, 1 Zuckerbäcker usw.. Aber nur wenige waren im Handwerk oder Geschäft voll beschäftigt, alle betrieben noch eine, wenn auch oft nur kleine Landwirtschaft nebenbei. Neben dem oberen Torhaus wurde eine Gemeindeschmiede betrieben, bei der Gemeinde fanden verschiedene Ortsbürger als Gemeindediener, Wald- und Feldhüter, Nachtwächter, Kuh-, Schweine-, Gänse- oder Schafhirte einen bescheidenen Nebenverdienst. Alles in allem: das Dorf konnte sich in den meisten Fällen ohne auswärtige Hilfe selbst versorgen. |
In den letzten 150 Jahren hat sich eine vollständige Wandlung in der wirtschaftlichen Struktur des Ortes ergeben. Aus einem Ort mit selbständigen Bauern und Winzern wurde ein Dorf mit Bauern und Gewerbetreibenden und nun ein Flecken, dessen Einwohner in der Mehrzahl ihren Lebensunterhalt aus unselbständiger Arbeit beziehen.