der Zehntkeller vorm Torhaus
Euerdorf kann zu Recht als nördliches Eingangstor zum fränkischen Weinbau bezeichnet werden, obwohl es hier im Dorf keine Weinberge mehr gibt. Im Nachbarort Ramsthal und im Ortsteil Wirmsthal spielt der Weinbau aber nach wie vor eine große Rolle. Noch bis vor ca. hundert Jahren konnte sich auch Euerdorf ein bedeutendes Winzerdorf nennen.
Davon zeugen heute noch mehrere Zehntkeller. Die Steuerabgaben der Weinbauern, die damals noch in Naturalien erfolgten, wurden hier gelagert. Schon seit dem frühen 15. Jahrhundert war der Marktflecken Sitz der bischöflichen und domkapitelschen Finanzbehörde, damals Kellerei genannt. Hier wurden auch die Steuereinnahmen der umliegenden Orte des mittleren Saaletals verwaltet. In Euerdorf besaß das Domkapitel zu Würzburg den gesamten Wein- und Getreidezehnt. Höhere Beamte (Amtskeller und Pfortenschreiber) waren ganzjährig im Dorf mit umfangreichen Befugnissen zugegen um das korrekte Bezahlen der Abgaben ihrer Untertanen zu überwachen.
Euerdorf hatte wegen seines Weinbaus aber auch immer wieder große Nachteile zu erleiden. Vor allem in Kriegszeiten setzten sich die Soldaten, egal ob Freund oder Feind, im Ort gerne fest. Sie blieben oft so lange, bis die Weinkeller von ihnen geleert waren. Dann wurde die Kriegsführung erst mal zur Nebensache und die Ortsbevölkerung wurde vom betrunkenen Militär vielfach geschunden und aufs Ärgste belastet. Das wollte Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn vermutlich ändern. Unmittelbar nach dem 30 jährigen Krieg, in dem Euerdorf immer wieder ausgeplündert und geschädigt wurde, ließ er im Jahre 1657 diesen Zehntkeller direkt vor der Ortsbefestigung neu erbauen. Es wird erzählt, dass die Soldaten mit dieser List aus dem Dorf ferngehalten werden sollten, weil ihnen zunächst der vorm Torhaus gelagerte, meist schlechtere Abgabewein, in die Hände fiel. Die guten Jahrgänge aber wurden weiterhin in den Kellern im Dorf verwahrt. Man hoffte, dass dem Kriegsvolk dann in einem angetrunkenen Zustand die Einnahme und Plünderung des Dorfes nicht mehr wichtig erschien, bzw. den Euerdorfern die Ortsverteidigung erleichtert wurde. Ob die Kriegslist aufging, ist heute allerdings nirgends mehr vermerkt und bleibt Spekulation.
In jüngster Zeit bietet man den Besuchern des Euerdorfer Herbstmarktes in dem geöffneten Gewölbekeller des ehemaligen Amtshauses Wein, Federweißer und eine deftige Brotzeit an. Das Flair alter Winzerzeiten mit ihren gemütlichen Heckenwirtschaften wurde wieder entfacht.
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